Ich fühle mich verantwortlich. Wir werden in einem Maße überwacht, das jegliche Vorstellungskraft übersteigt. Besonders einfach machen wir es den Überwachern, seien es Geheimdienste oder Firmen, die uns mit personalisierter Werbung beglücken wollen, dadurch, dass wir unsere Daten und Kommunikation im Klartext durch das Netz schicken.
Ich fühle mich verantwortlich, weil ich Informatiker bin. Ich weiß, dass es Möglichkeiten gibt, diese Überwachung zumindest zu erschweren. Ich fühle mich verantwortlich dafür, anderen diese Möglichkeiten zu erklären und ihnen dabei zu helfen, diese einzusetzen.
Ich fühle mich aber nicht allein verantwortlich. In dieser Verantwortung sehe ich alle Informatiker und andere, die sich täglich mit Technologie auseinandersetzen. Wir haben hier endlich einmal eine Chance, mit unserem Wissen etwas fürs Gemeinwohl zu tun, und die sollten wir nutzen!
Wir sind diejenigen, die den ersten Schritt gehen müssen, bevor wir der Masse helfen, nachzuziehen. Wir sind diejenigen, die die neue Messenger-App mit End-to-End-Verschlüsselung als erste ausprobieren und parallel zur alten nutzen, bevor die anderen nachgezogen sind. Wir sind diejenigen, die nach Anleitung PGP einrichten und dabei feststellen, dass es gar nicht so kompliziert ist, wie immer alle sagen, und die es anschließend bei ihren Freunden und Bekannten ebenfalls einrichten.
Verschlüsselung macht Überwachung vor allem dann aufwendig und teuer, wenn sie von der großen Masse für den Großteil aller Kommunikation genutzt wird (zumindest bis zur Quantencomputer-Apokalypse). Doch wie sollen wir die Leute davon überzeugen, dass Verschlüsselung wichtig ist, wenn wir selbst zu faul dafür sind? Ich habe in letzter Zeit von Technikern Zitate wie “Ich möchte eigentlich nicht noch eine Messaging-App benutzen!” oder “Glaubst du wirklich, dass die unseren Quatsch hier mitlesen wollen?” gehört. Darüber ärgere ich mich, wirklich.
Wenn wir eines aus den Snowden-Enthüllungen gelernt haben, dann doch, dass alles, was technisch möglich ist, auch getan wird. JEDE Kommunikation wird mitgeschnitten und gespeichert und dann wird per komplexen Datenbankabfragen darauf zugegriffen. Da ist nicht sehr abwegig, dass auch eigene Kommunikationsinhalte, und seien sie noch so belanglos, ins Visier der Überwacher geraten.
Interessant finde ich an dieser Stelle immer wieder, dass die Geheimdienste und andere staatlichen Organe niemanden wirklich zu beunruhigen scheinen. Aber wehe es kommt ein böser Konzern wie Facebook daher, da sind alle gleich auf den Bäumen. In diesem Sinne können wir uns ganz herzlich bei Facebook bedanken, dass sie viele Leute von WhatsApp weg hin zu Threema getrieben haben. Mein Adressbuch dort ist seit der Übernahme von WhatsApp angenehm voll geworden. Uns wäre also auch geholfen, wenn Facebook nach und nach alle unsicheren Dienste aufkauft. De-Mail als nächstes, vielleicht?
Aber Spaß beiseite. Wir müssen selbst dafür sorgen, dass wir ein Sicherheitsbewusstsein bei den Leuten wecken und vor allem mit gutem Beispiel vorangehen. Mir ist bewusst, dass wir die Überwachung nicht verhindern können, dafür muss eine globale politische Lösung her. Die liegt aber in weiter Ferne. Bis dahin können wir es den Überwachern aber so schwierig wie möglich machen und uns nicht einfach in unser Schicksal ergeben. Lasst es uns wenigstens versuchen!