Die Besitztümer, die wir über die Jahre anhäufen, sind unweigerlich mit Erinnerungen an vergangene Zeiten verbunden. Wenn ein Hobby meine Zwanziger geprägt hat, dann war es das Gitarre spielen. Ich habe unzählige Stunden damit verbracht, meine Lieblings-Punkrocksongs auf der E-Gitarre zu lernen und dann auf kleinen Bühnen mit einer Coverband zum Besten zu geben. Später verbrachte ich dann ebenso viel Zeit mit meiner Akustikgitarre, sang dazu und versuchte mich daran, meine eigenen Songs zu schreiben. Irgendwann in den letzten Jahren ist dieses schöne Hobby allerdings völlig eingeschlafen. Die E-Gitarre verstaubte an der Wand, sah dabei aber immerhin noch gut aus und die Akustikgitarre lag ungespielt in ihrem Koffer im Schrank. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Der Minimalismus hat mir die Gitarren zurück in den Sinn gebracht. Ich bin nach wie vor im Prozess, all meine Besitztümer durchzugehen und alles Unnötige loszuwerden. Dabei stieß ich auf meine Gitarren. Ich musste an die Zeiten denken, in denen ich täglich mehrere Stunden mit ihnen verbracht habe und hatte große Probleme damit, mir einzugestehen, dass diese Zeiten vorbei sind und nicht wiederkommen werden. Letztlich kam aber die Erkenntnis, dass ich in nächster Zeit weder wieder plötzlich in einer Band spielen, noch zuhause allein mit der E-Gitarre alte Punkrockriffs abrocken würde. Ich habe es so schweren Herzens geschafft, mich mental von meiner E-Gitarre zu trennen. Mittlerweile ist sie samt Verstärker und allem Zubehör verkauft.

Allerdings habe ich es nicht übers Herz gebracht, meine Akustikgitarre loszuwerden und damit das alte Hobby komplett abzuschreiben. Klar ist aber, dass jeder Gegenstand, den ich behalte, mein Leben bereichern muss. Also habe ich mir selbst eine Bedingung gesetzt: Wenn ich die Gitarre behalten würde, dürfte sie nicht weiterhin ihr Dasein versteckt im Koffer im Schrank fristen. Wenn sie im Haus bleibt, dann muss ich sie in die Hand nehmen und spielen, und zwar regelmäßig. Ich nahm sie also aus ihrem Koffer und spielte. Ich fand ein Buch mit Songs für die Akustikgitarre im Schrank und suchte mir daraus ein Lied aus, dass ich gern lernen würde. Der Spaß und der Ehrgeiz hatten mich sofort wieder gepackt. Seitdem habe ich die Gitarre jeden Tag in die Hand genommen und geübt.

Ich freue mich, dass ich gerade wieder so viel Spaß am Gitarre spielen gefunden habe. Das lebt im Moment von meiner Begeisterung. Mal sehen, ob ich weiter dabei bleibe, wenn diese Begeisterung weicht. Gewissermaßen ist das also ein Experiment. Falls das Gitarre spielen wieder einschläft, bin ich vielleicht bereit, es endgültig aufzugeben. Vielleicht wird das Hobby aber auch wieder zu einer Leidenschaft, wie es das schon einmal war.

Ich bin dankbar dafür, dass ich mich durch den Minimalismus mit meinen längst vergessenen Besitztümern beschäftige. In diesem Fall hat das dafür gesorgt, dass ich eine alte Leidenschaft wiederentdeckt habe. Ich bin gespannt, zu welchen weiteren Erkenntnissen mich der Minimalismus noch führt.

Young musician playing guitar by Marco Verch is licensed under CC BY 2.0.

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